Von Landschaften und Welten
Polascapes von Klaus Weddig
Der Moment enthält und sagt alles. Die Fotografie ist deshalb ein äußerst geeignetes Mittel, sich eben diesem Moment zu nähern. Fotografie komprimiert im Bruchteil einer Sekunde Stimmung und Atmosphäre. Nach über 150 Jahren ist sie mehr denn je ein attraktiver und geliebter Begleiter, und die Sofortbildkamera gehört nun auch schon eine ganze Weile zum fotografischen Repertoire. Polaroid, 1947 erfunden, ist dabei zum festen Begriff für eine fotografische Herangehensweise geworden. Dies gilt gleichermaßen für Fotografiestil wie Ausgaberesultat.
Es ist auffällig, dass trotz der zeitgemäßen Möglichkeiten der Bildbearbeitung der unbearbeitete Moment so viel in sich trägt und auslöst. Insofern hat es weniger mit Nostalgie als mit der bewussten Entscheidung des Fotografen Klaus Weddig zu tun, dieses Werkzeug zur Abbildung des reinen Moments zu nutzen. Rein ist einmal die Qualität der unbearbeiteten Reproduktion. Im Moment des Auslösens steht bereits das Endergebnis fest. Es ist eben kein »Ausgangsmaterial«, das noch »composed«, »überarbeitet« und schließlich »gefinisht« werden muss. Das Bild ist vom ersten Moment an fertig. Diese Unmittelbarkeit gilt ebenso für den Fotografen und seine Sichtweise. Der Betrachter weiß, es ist genau dieser Moment, diese Szene aus dieser Perspektive mit diesem Bildausschnitt, die Weddig festhalten wollte.
Wir sehen Landschaften: Strände und Städte. Noch bevor man sich den teilweise sehr reichhaltigen Details zuwendet, ist die Stimmung der Szenerie eindeutig auszumachen. Der Strand, die Wärme, das Vor-sich-Hindösen, die typischen Strandutensilien oder die Stierkampfarena, die Besucher, die Spannung, das Exotische und die Banalität dieser Unterhaltungswelt. Neben dem Motiv ist es das »Pola« selbst, das durch seine eigene, ja eigenwillige und willkürliche Wiedergabe eine Landschaft erzeugt, auch wenn wir »nur« einen Lautsprechermast sehen. Deshalb sind die Polascapes eigentlich viel mehr als Landschaften. Es sind eigene Welten, in denen es viel zu entdecken gibt. So sind diese Fotografien eine Aufforderung, aufmerksam zu sein. Beim Betrachten der Bilder und beim Sich-Bewegen in der Welt. Klaus Weddig war es ja bereits.
– Jörg Steinmetz